Die Zukunft ist weiblich – Symposium auf der Zukunft Personal 2010

15 Nov

Stellen Sie sich vor, ein Frauen-Symposium findet statt – und niemand geht hin! Auf der diesjährigen Zukunft Personal wäre das (wieder) kein Wunder gewesen, so weit versteckt und praktisch kaum beschildert war der Weg zum diesjährigen Symposium auf der Zukunft Personal. Dabei ist „Gender Diversity“ beileibe kein Thema mehr, das sich verstecken müsste. Und auch die Referentinnen und der Referent aus Verwaltung, Organisation und Unternehmen hatten wirklich interessantes zu sagen.

Während die Mischung der Referentinnen im letzten Jahr doch etwas – nun ja, gewagt ausgefallen war – die kanadische Professorin Nancy Adler, die zu Leadership forscht, befand sich ebenso darunter wie eine Dame, die unterschiedliche Stile von Frauen und Männern nach der griechischen Mythologie einordnete – war der Referentinnen-Pool diesmal doch etwas ausgewogener.

Den Start machte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln, Christine Kronenberg, die fragte, ob hier die Glasdecken wirklich zum Splittern gebracht würden? Christine Kronenberg startet damit, dass sie auf die berühmte Stadtgründerin hinweist, Claudia Aggripina, römische Regentin mit Münzrecht. Heute kann die Stadt mit Stolz auf eine WDR-Intendantin, eine RTL-Chefin, eine Radio-Köln-Chefin, eine Regierungspräsidentin und – in Düsseldorf – auf eine Ministerpräsidentin verweisen. Was kann nun das Amt für Gleichstellung für seine 10.000 Mitarbeiterinnen tun? Christine Kronenberg hält folgende Punkte für wichtig:

1. Bewusstsein schaffen – Von Rollen(-bildern) und Kulturen
2. Maßstäbe setzen – Von Quoten und Vereinbarungen
3. Strukturen ändern – Von wirkungsvollen Instrumenten
4. Frauen spiegeln – Von „selbstkritisch“ bis Frauenseilschaften

Die Stadt Köln arbeitet mit Quoten und Christine Kronenberg verteidigt diese, da diese Transparenz schaffen, Erfolge und Missstände aufzeigen, eine Chance, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Auf den Punkt gebracht: Quoten sind Daten für Tagen: Quoten brechen Strukturen auf, denn nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die Strukturen.

Dr. Jörg Schmidt vom Institut der Deutschen Wirtschaft referierte danach über die „Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern: Ursachen, Handlungsoptionen und das Tool „Logib-D“. Die immer wieder angeführte Entgeltlücke beträgt unbereinigt 23 Prozent, übrigens 25 Prozent in Westdeutschland und 6 Prozent in Ostdeutschland. Im Vergleich dazu beträgt die unbereinigte Entgeltlücke in der EU 17,6 Prozent. Unbereinigt bedeutet, dass Faktoren wie Bildung, Beschäftigungsumfang, Erwerbsunterbrechungen, Branchen und Berufswahl, betriebliche und regionale Einflüsse noch nicht mit eingerechnet werden.  Werden diese Faktoren berücksichtigt, beträgt die bereinigte Entgeltlücke noch acht Prozent.

Danach folgte Anke Meier, Global Diversity bei Henkel KGaA mit ihrem Vortrag „Diversity – Vielfalt macht Unternehmen erfolgreicher“, dabei geht Meier besonders auf das Prinzip „Diversity & Inclusion @ Henkel“ ein:

„Diversity“ ist die sichtbare und unsichtbare Vielfalt von Talenten, Einstellungen und Perspektiven und Fähigkeiten unserer Mitarbeiter und Geschäftspartner, die Henkel einzigartig macht und zu Kreativität, Innovation und Geschäftserfolg führt.
„Inclusion“ bedeutet, die aktive Nutzung dieser Vielfalt um erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen und eine ausgewogene, nachhaltige und leistungsstarke Organisationen zu formen, in der jeder Mitarbeiter respektieren und Leistung wertgeschätzt wird.

Der Anteil an Frauen im Management steigt kontinuierlich an, mittlerweile beträgt der Anteil bei Henkel 27.4 Prozent. Im Top-Management besteht der Anteil an Frauen sogar 17 Prozent. Doch Henkel möchte diesen Anteil noch weiter steigern, Maßnahmen wie Diversity Rule, Talent Management und Work-Life-Integration sollen dabei helfen. Anke Meier weist allerdings darauf hin, dass Frauen auch selbst zu ihrer Karriere beitragen müssen, in dem sie Verantwortung übernehmen, Erwartungen klar formulieren, Erfolge feiern, Wissen transferieren und Selbstvertrauen zeigen. Außerdem müssen Frauen Sichtbarkeit zeigen und Netzwerke nutzen.

Nach der Kaffeepause startet Martina Diana Dolderer, Stellvertretende Leiterin Group Diversity Management der Deutschen Telekom AG, mit ihrem Vortrag: „Die Frauenquote der Deutschen Telekom – Schluss mit guten Absichten“. Martina Diana Dolderer macht gleich mit der zweiten Folie, einem Porträt des Telekom-Chefs René Obermann, klar: Die Frauenquote ist Chefsache! Im Jahr 2015 sollen 30 Prozent der Führungskräfte weiblich sein – damit ist die Telekom das erste DAX-Unternehmen, das eine verbindliche Frauenquote einführt, per Vorstandsbeschluss vom 22.2.2010. Ein Paukenschlag, der für ein unglaubliches Echo sorgte.

Dabei kam die Frauenquote nicht aus dem Nirgendwo, sondern konnte bereits auf den langjährigen Erfahrungen der Gleichstellungsstelle aufbauen. Die Telekom hat nach dieser Ankündigung natürlich auch die Möglichkeit, mit voller Kraft das Thema nach außen zu tragen.

Führungsfrauen der Telekom

Führungsfrauen der Telekom

Neben diesen interessanten Führungsfrauen, die auf der Karriere-Homepage vorgestellt werden, integriert die Telekom das Thema auf zahlreichen Ebenen, geht mit Plakaten an die Hochschulen,

 

Plakatkampagne der Telekom

Martina Diana Dolderer, DTAG, stellt die Plakate vor

es gibt Postkarten und seit neuestem sogar perlfrech.de ein eigenes Frauenportal:

Screenshot perlfrech

Screenshot perlfrech.de

(Da kann frau schon mal neidisch werden ob der ganzen kommunikativen Möglichkeiten der Telekom;-)) Was allerdings während des Vortrag von Frau Dolderer auffiel, war ihre Begeisterung über die Unterstützung aus der Vorstandsebene, alle Maßnahmen für mehr Frauen in Führungspositionen sind durch einen Vorstandsbeschluss abgesegnet. Das gibt Kraft!

Als nächstes folgte Susanne Leithner von Daimler, die seit 2005 im Global Diversity Management arbeitet. Auch beim schwäbischen Autobauer ist Gender Diversity ganz oben angesetzt. Leithner wies darauf hin, dass es in einem Konzern mit 275.000 Mitarbeitern als erstes wichtig sei, verlässliche Daten zu erhalten.

Warum ist aber nun Diversity Management in einem Mobilitätsunternehmen wichtig? Zu den Zukunftstrends gehören neben Globalisierung, Individualisierung, Demographischer Wandel, Gesundheit, Bildung und Neue Energien eben auch Frauen. Frauen sind ein ganz wichtiger Pool, wenn es um den zunehmenden Fachkräftemangel geht.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass die Vielfalt durch Diversity die Entscheidungsfindung länger mache, aber dann eben auch beständiger sei. Leithner brachte das herrliche Beispiel von den Überlegungen zu einem neuen Auto: Das ganze Team überlegt sich sinnvolle Neuerungen (Frauen möchten einen Handtaschenhalter, Männer viel PS, Kinder einen CD-Spieler mit Kopfhörern auf der Rückbank etc.) – und am Ende entscheidet der Chef und es bleibt beim starken Motor.

Auch wenn Daimler sich keine Quote gibt, gibt es doch feste Ziele bei den Einstellungen und Beförderungen. Spannend finde ich übrigens daran, wie lebendig die Diskussion im Unternehmen verläuft und wie offen Daimler dies im Blog zulässt – Chapeau!!

Bevor zum Schluss noch eine – kurze – Podiumsdiskussion angesetzt war, startete Sabine Rachor, HR Excellence Practice Lead bei Hewitt Associates. Einige Thesen hatte das Publikum mittlerweile öfters gehört, aber Frau Rachor gelang es doch, noch ein paar interessante Aspekte zu zeigen, indem sie auf NAFE (National Association for Female Executives) einging, in den USA einer der bekanntesten Verbände zur Unterstützung von Frauen im Berufsleben. NAFE sucht regelmäßig nach den 50 besten Unternehmen für weibliche Führungskräfte, Hewitt hat sich um die Auszeichnung beworben – und bekommen. Das Unternehmen engagiert sich vielfältig über gezielte Förderung und durch ihren Preis „Judy“, der an jene Associates vergeben wird, die Frauen fördern und voranbringen.

Die folgende Podiumsdiskussion war recht kurz und brachte kaum neue Fragen. Heraus kam aber, dass es sehr wichtig ist, bereits in den Schulen (oder sogar in den Kindergärten) mit der Ansprache von Mädchen zu starten, um diese frühzeitig für die MINT-Fächer zu begeistern.

 

Keynote-Speaker Avivah Wittenberg-Cox

Brachte wichtige Fakten auf den Punkt - Keynote-Speaker Avivah Wittenberg-Cox

Nach der Mittagspause sprach Avivah Wittenberg-Cox, Geschäftsführerin der Beratung 20-first, über „WHY and HOW Women mean Business: A walk around Womenomics.“ Leider war das Plenum überwiegend von Frauen und nicht einmal voll besetzt. Eigentlich schändlich, denn die Zahlen, die Avivah Wittenberg-Cox ins Feld führte, sprachen eine deutliche Sprache (Dies nur als Seitenhieb an all die überfüllten Vorträge zu Themen wie Social Media…) – denn: Die Aufholjagd der Frauen findet weltweit, allerdings in recht unterschiedlichem Tempo, statt. Die Bildungsabschlüsse nehmen insgesamt zu und vor allem deren Qualität. Dazu kommt, dass Frauen an den wichtigsten Kaufentscheidungen beteiligt sind bzw. selbst über nennenswertes Einkommen verfügen. Der Erfolg des iPhone wird so vor allem auf die Käuferinnen zurückgeführt, für Frauen war es das erste SmartPhone, das auch für sie selbst sexy erschien (ging mir genauso;-)) Und wahrscheinlich würde der Autohersteller, der sich endlich eine vernünftige Lösung für unsere Handtaschen ausdenkt (und für die Pumps, die man vor der Fahrt kurz mit den Turnschuhen tauscht), einen nennenswerten Marktanteil erobern. (Wenn uns in den Autohäusern mehr Verkäuferinnen begegnen würden, die uns mit unseren Bedürfnissen ernst nehmen…)

Fazit:

Die Initiative der Messeveranstalter spring messe management mit dem Symposium „Karriere ist weiblich“ ist sehr zu begrüßen. Es wäre der Veranstaltung allerdings mehr damit gedient, wenn man diese nicht in der letzten Ecke suchen müsste, wenn mehr Diskussionen und Austausch zugelassen würde. Auch der ein oder andere Workshop hat hier gefehlt. Den eingeschlagenen Weg allerdings, das Symposium mehr in Richtung Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten, halte ich für richtig und wichtig.

Eine Antwort to “Die Zukunft ist weiblich – Symposium auf der Zukunft Personal 2010”

  1. Telekom 30. Dezember 2010 um 20:16 #

    nice info thank you

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